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Fruchtbarkeit steigern durch Anpassungen im Lebensstil – eine Biologin gibt Tipps

Symbolbild | Foto: D. Wagner

Mit großen Feierlichkeiten in vielen Teilen der Welt hat das erste IVF Kind letztes Jahr sein fünftes Jahrzehnt begonnen. Seit der Geburt von Louise Brown staunt die Welt über die Erfolge der Reproduktionsmedizin, die oft zu Schwangerschafts- und Geburtenraten führen, die höher sind als jene unter natürlichen Umständen. Aber wie viel Raum nach oben gibt es noch beim technologischen Wachstum?

Seit einigen Jahren macht die Forschung auf dem Gebiet der Umwelt- und Lebensfaktoren, die die Fruchtbarkeit der Frauen und Männer beeinflussen, große Fortschritte. Heute stimmen die Wissenschaftler darin überein, dass die Umgebung, in der eine Befruchtung stattfindet, nicht ignoriert werden kann. Und dass die beste Investition in die Gesundheit der Kinder bereits früh im Leben beginnt – bei der ersten Zelle genau gesagt.

Schon bei der Befruchtung bestimmt vorwiegend die Qualität der Eizelle, ob ein neues Leben aus dem Zusammentreffen zweier Zellen hervorgeht.
Interessanterweise werden die Eizellen der Frauen gebildet, wenn sie selbst noch als ein kleiner Fötus im Bauch ihrer Mutter liegen. Frauen kommen also auf die Welt mit allen Eizellen, die sie je haben werden. Die Qualität der Eizellen wird schon bei der Entstehung von genetischen und biologischen Faktoren bestimmt, aber auch von äußeren Faktoren (hat ihre Mutter in dieser Zeit geraucht usw.). Die reproduktionsmedizinische Forschung hat auf diesem Gebiet klare Kenntnisse hervorgebracht und bestätigt, dass die Eizellen der Frauen in reproduktiv spätem Alter in ihrer Qualität und Quantität oft nicht ausreichen, ein neues Leben entstehen zu lassen. Lässt sich durch die konsequenten und individuell angepassten Veränderungen im Lebensstil daran etwas ändern?

Es sind aber nicht nur die Eizellen bzw. Spermien. Gleich nach der Befruchtung entscheidet die Aufnahmebereitschaft der Gebärmutter, ob sie – evolutionsbiologisch betrachtet – einen Parasiten wie den Embryo für die nächsten neun Monate aufnehmen und nähren möchte. Die ersten Wochen der Schwangerschaft sind ferner kritisch, was die Entwicklung aller Organsysteme betrifft.

In den letzten Jahren ist klar geworden, wie unglaublich wichtig das Zeitfenster vor der Befruchtung für eine positive Entwicklung der gesamten Schwangerschaft ist. Die Art und Weise wie Frauen vor ihrer Schwangerschaft leben und handeln, beeinflusst viele Faktoren: die Qualität ihrer Eizellen und der daraus entstehenden Embryonen, die Aufnahmebereitschaft der Gebärmutter und die Wahrscheinlichkeit der Einnistung.

Lifestyle Faktoren, die einfach umsetzbar sind und die Fruchtbarkeit fördern

Neben dem Alter der Mutter – mit Abstand der wichtigste Faktor, an dem die Befruchtungen scheitern – spielt noch eine Vielzahl anderer Lifestyle Faktoren wie z.B. Rauchen oder Fettleibigkeit in dem Entwicklungspotential der Eizellen sowie der DNA Integrität der Spermien eine Rolle (Firns et al. 2015).

Die neueren Forschungen in der Reproduktionsbiologie beschreiben mehrere Lifestyle Kategorien, die die Qualität von Eizellen und Spermien sowie der daraus entstehenden Embryonen beeinflussen: Gewicht, Ernährung, Bewegung und körperliche Aktivität, gezielte Nahrungsergänzung, Vermeidung von Rauchen, Alkohol und Drogen, Toxin-freie Umgebung, sowie eine positive mentale Einstellung. Ich möchte einige wenige Beispiele nennen, die mir derzeit besser als die anderen durch die wissenschaftliche Nachweise unterstützt erscheinen.

1. Ernährung
Es gibt zahlreiche Studien, die die Vorteile der mediterranen Ernährung schildern (Chavarro et al. 2018). Wie eine niederländische (Vujkovic et al. 2010) zeigte, reichte bereits ein halbes Jahr mediterraner Ernährung aus, um die Schwangerschaftsraten von 166 untersuchten Paaren signifikant zu verbessern.

In vielen weiteren Studien hatte ein erhöhter Gemüse- und Obstkonsum positive Auswirkungen auf die Befruchtungsraten (Karayiannis et al. 2018). Auch eine Anti-Entzündungsdiät findet in letzter Zeit mehr Beachtung. Und wenn wir auch noch weit davon entfernt sind, einen Ernährungsstil als die ultimative „Fruchtbarkeitsdiät“ zu empfehlen, kann eine gezielte Ernährungsberatung zu einer wichtigen Säule in der Lifestyle-Beratung bei Frauen vor der Menopause werden.

2. Ein paar Vitalstoffe
Von früher wissen wir, dass insbesondere Vitamine der B-Gruppe eine wichtige Rolle für die Fruchtbarkeit der Frau spielen. An erster Stelle steht Vitamin B9 – die Folsäure. Eine ausreichende Versorgung mit Folsäure in den ersten Schwangerschaftswochen trägt dazu bei, einige der schweren neurologischen Erkrankungen bei Babys fast komplett zu verhindern.

Wie vor einigen Jahren gezeigt wurde (Bentov et al. 2010, Xu Y et al. 2018), konnte eine Supplementierung mit CoQ10 in einer bestimmten Dosis für eine Zeitdauer von zwei bis fünf Monate mehrere IVF Parameter verbessern, einschließlich der Anzahl top-Embryonen.

Wohltuend sind außerdem Vitamin D und Omega-3. Schon 2010 hat das Team von Lubna Pal von der Yale University (Ozkan S et al. 2010) vorgeschlagen, den Vitamin D Status als Teil jeder Kinderwunschbehandlung bestimmen zu lassen, weil: „eine geeignete Supplementierung bei denjenigen, denen es an Vitamin D mangelt, zu verbesserten Schwangerschaftsraten sowie zu einer besseren allgemeinen Gesundheit führt.“

Omega-3. Anthropologische Untersuchungen deuten ausnahmslos darauf hin, dass die Lebensmittel, die unsere Vorfahren konsumierten, ein Verhältnis von Omega-3 zu 6 von etwa 1:1 hatten. Das liegt vor allem daran, dass in gut 4-5 Millionen Jahren hominider Evolution weder Getreide und Samenöle noch fettiges Fleisch von Zuchttieren eine allzu große Rolle in der Ernährung gespielt haben, so dass die Lebensmittel von Jägern und Sammlern relativ Omega-6 arm waren. Mit dem Beginn der Industrialisierung vor rund 150 Jahren nahm der Verzehr von Omega-6 reichen Lebensmitteln stark zu, was das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 dramatisch verschob (Y-H Chiu et al. 2018, Nehra D et al., 2012). Außer dem schon erwähnten Konsum von pflanzlichen Ölen, ist diese Veränderung noch dem verstärkten Einsatz von Getreiden im Tierfutter zu verdanken. Das wiederum ändert die Zusammensetzung vom Fleisch und es entwickelt ein anderes Fettprofil im Unterschied zu den Tieren, die in freier Wildbahn leben.

Deshalb ist einfach sinnvoll, mit generell wohltuenden Omega-3 Fettsäuren, Vitamin D und CoQ10 die Körper der Frauen in spätem reproduktiven Alter besser an ihre evolutionsbiologischen und biochemischen Gegebenheiten anzupassen.

Umweltfaktoren, die sich auf die Fruchtbarkeit negativ auswirken

Extreme Belastungen wie eine Chemo- und Strahlentherapie können die Eizellreserve und die Aktivität der Eierstöcke auslöschen. An vielen „weichen“ Umweltfaktoren wird zurzeit geforscht: Dioxin, Phtalate, sowie Bisphenol A, mit noch unklaren Ergebnissen, welche Konzentration bzw. Zeitdauer zu einem tatsächlichen Schaden in Zellfunktionen führen. Eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern ist der Ansicht, dass die Wiederherstellung der geschädigten Gameten nicht der richtige Weg ist und die Ressourcen lieber in der in vivo Verbesserung der Eizellen bzw. Spermien investiert werden sollten.

Zusammenfassung: Inwieweit und ob überhaupt sich eine Frau ihren peri-konzeptionellen Herausforderungen stellen muss ist sehr individuell. Die allermeisten Frauen, besonderes wenn sie noch jung sind, brauchen ihren Körper gewiss nicht zu optimieren, um schwanger zu werden! Diese gleichen Frauen können in den späteren Jahren einer ganz anderen Situation begegnen. Die gesellschaftlichen Trends, die Mutterschaft bis auf die biologisch machbaren Grenzen hinauszuschieben, haben dazu geführt, dass viele Frauen im reproduktiv fortgeschrittenen Alter in eine Situation geraten, gleichzeitig an mehreren „Schrauben“ drehen zu müssen, um die Entstehung und das Wachsen eines neuen Lebens in ihrem Körper zu ermöglichen.
Das erfordert natürlich einige Anstrengungen und sehr viel Individualisierung und Fachwissen. Aber die gute Nachricht ist die, dass die Verantwortung wieder mehr zu den Frauen verlagert wird, und dass damit auch die Kontrolle über das eigene Leben und das eigene Schicksal zurückerobert wird. Und das tut den Frauen gut.

Bibliographie | die Autorin


Links:
» Mögliche Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch bei Frauen

(Seite | http://www.kinderwunsch-blog.com)

» Mögliche Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch bei Männern

(Seite | http://www.kinderwunsch-blog.com)

» IVF-Pionier Prof. Zech

(Beitrag | https://www.paleo-mama.de)

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