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„Ich fühlte mich als halber Mann, nutzlos und quasi impotent“

| Die Rolle des Mannes bei unerfülltem Kinderwunsch – ein Erfahrungsbericht

Symbolbild | Foto: Shutterstock

Wenn der gemeinsame Kinderwunsch trotz zahlreicher Bemühungen bislang unerfüllt blieb und in Folge medizinische Hilfe (IVF) in Anspruch genommen wird, steht fast immer der weibliche Part im Mittelpunkt. Schließlich sind Frauen diejenigen, welche die aufwendige Behandlung und körperliche Belastung durchleben müssen und denen der Kinderwunsch praktisch von Geburt an in die Wiege gelegt wird.

Doch wie geht es eigentlich den Männern dabei und wie stark leiden Sie unter dem unerfüllten Kinderwunsch?

Erfahrungsbericht eines Betroffenen


Meine Frau und ich haben ca. 1 Jahr lang versucht auf natürlichem Weg schwanger zu werden, doch leider ohne Erfolg. Plötzlich hieß es, dass ich mich untersuchen lassen sollte. Ich fragte mich „warum?“, denn schließlich „funktioniert“ bei mir doch offensichtlich alles. Erst nach mehrfacher Aufforderung meiner Partnerin vereinbarte ich einen Termin beim Urologen und ließ die Untersuchung über mich ergehen.
Diagnose: Azoospermie – der Arzt machte mir klar, dass wir auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können. Das Ergebnis meiner Untersuchung traf mich völlig unerwartet und veränderte unsere Beziehung von heute auf morgen.
Dass ausgerechnet ich Schuld an unserem Dilemma haben soll, wollte ich anfänglich gar nicht wahrhaben. Wie teile ich diese schlechte Botschaft nur meiner Frau mit?
Als ich nach Hause kam, sah sie mir gleich an, dass etwas nicht stimmte. Sie ertrug es wohl mit Fassung und versuchte mich zu trösten, aber ich spürte, wie traurig sie meine Mitteilung machte. Die Diagnose und ihr mitleidiger Blick waren für mich wie ein „Schlag ins Gesicht“. Ich fühlte mich als „halber Mann“, nutzlos und quasi „impotent“. Unser Liebesleben leidet bis heute noch manchmal darunter.
Zahlreiche Untersuchungen, Arztbesuche, Spritzen, Hormonbehandlung, Punktion, Hoffnung und Enttäuschung etc. – all das muss meine Frau nun über sich ergehen lassen, weil ich unfruchtbar bin. Ich sagte ihr immer wieder, dass ich es verstehen könnte, wenn Sie sich einen anderen Mann suchen würde, bei dem ihr das Ganze erspart bliebe. Doch für sie steht der Entschluss fest, den Weg gemeinsam anzugehen.

Männer leiden anders

Durch Studien lässt sich inzwischen gut belegen, dass Männer nicht weniger unter der ungewollten Kinderlosigkeit leiden, sondern nur in ungleicher Form. Ihr Kinderwunsch kann ebenso intensiv sein, aber ihr Umgang damit ist oft ein gänzlich anderer als jener von Frauen.

Frauen haben verstärkt das Bedürfnis über ihre Gefühle zu sprechen und legen andere Bewältigungsstrategien an den Tag. Sie leben Ihre Trauer eher offen nach Außen und suchen das Gespräch. Männer hingegen treten viel mehr in Aktion, um mit ihrem Schmerz besser umzugehen – sei dies in Form von Sport, Computerspielen oder dass sie den Keller ausmisten.

In der Beratung versuche ich den Paaren zu erläutern, dass „anders“ nichts mit besser oder schlechter zu tun hat, sondern dass es geschlechterspezifische Unterschiede gibt.

Vorurteile hemmen Willen zur Beratung

Oft wird deutlich, dass Männer eher ihrer Frau zuliebe zu mir in die Beratung kommen (→ Kontakt). Manch einer hat Angst hier gar durchanalysiert zu werden. Schon allein der Begriff „psychologische Beratung“ löst bei vielen die Vorstellung von „esoterischen Gesprächen bei Duftkerzengeruch“, und damit Unbehagen aus.

Lassen Sie mich an dieser Stelle mit einigen Vorurteilen aufräumen: Ziel des Coachings sollte sein, möglichst viel Praktisches mitzunehmen, damit beide Partner besser mit der aktuellen Kinderlosigkeit und der medizinischen Therapie umgehen können. In der Beratung soll eine Gelegenheit ermöglicht werden, verstehen zu lernen, was im jeweils anderen vorgeht. Nicht wenige Männer berichten, dass sie sich hilflos und teilweise überfordert fühlen, wenn sie sehen, dass ihre Partnerin häufig weint und traurig ist. In einem geschützten und wertschätzenden Rahmen versuchen wir gegenseitige Erwartungen und Wünsche herauszuarbeiten und Lösungsstrategien zu entwickeln.

Schlussendlich sind viele Paare nach dem Treffen sichtlich erleichtert und bringen mehr Verständnis für einander auf. Sie wissen besser, wie sie sich gegenseitig unterstützen können und wie die Erwartungen des Gegenübers aussehen. Besonders Männer sind nach der Beratung oft sichtbar entlastet und erstaunt, wenn ich ihnen durch kleine Tipps deutlich mache, wie simpel, aber äußerst wertvoll ihr Beitrag in der Kinderwunschzeit aussehen kann!


Links:
» Unerfüllter Kinderwunsch: Psychologische Hilfe

(Themen-Special | http://www.kinderwunsch-blog.com)

» kiwu.care (Emotionale Begleitung und Lebensberatung bei Kinderwunsch)

(Webseite | https://www.kiwu.care)

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