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Schwangerschafts-Chancen durch hCG-Gabe erhöhen?

Kontrovers diskutierte Studien zur Einnistung des Embryos bei Kinderwunschbehandlungen

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Symbolbild | Foto: Shutterstock

Die Einnistung des Embryos in die Gebärmutter-
schleimhaut ist ein komplexer Prozess, der von einer ganzen Reihe an Faktoren gesteuert wird. Dazu zählen Signalmoleküle, die von der Gebärmutter produziert werden, aber auch Botenstoffe, welche der Embryo freisetzt, um die Gebärmutter auf die Implantation vorzubereiten. Ein zentraler Signalstoff des Embryos, ist das humane Choriongonadotropin (hCG).

Bei einer Kinderwunschbehandlung wächst der Embryo in einer Kulturschale heran. Daher ist nach dem Transfer, die Zeitspanne, in welcher der Embryo die Gebärmutterschleimhaut für eine Einnistung vorbereiten kann, verkürzt (→ Details zum gesamten Behandlungsablauf).

Möglichkeiten zu finden, wie der Implantationsprozess effektiv unterstützt werden kann, ist immer wieder Gegenstand von wissenschaftlichen Studien. Dabei wird u.a. der Frage nachgegangen, ob in IVF-Zyklen mittels Verabreichung von hCG beim Transfer, höhere Chancen auf eine Einnistung des Embryos bestehen.

Zu diesem Thema sorgte die Veröffentlichung einer ägyptischen Arbeitsgruppe im Jahr 2011 für Aufsehen. Die Ergebnisse der entsprechenden Studie zeigten eine wesentliche Steigerung der Implantationsraten, durch die intrauterine Gabe von hCG kurz vor dem Embryo-Transfer. Es folgte eine Reihe weiterer Publikationen, welche diese Ergebnisse bestätigt sahen, andere konnten jedoch keinen Benefit der hCG-Gabe beobachten.

Studien mit zu kleinen Fallzahlen erschweren weitere Analysen

Bei einer kritischen Analyse der publizierten Studien fallen generell geringe Fallzahlen auf. Diese lassen keine aussagekräftige Subgruppenanalyse zu, um weitere Faktoren, wie Blastozystenqualität, oder medizinischer Hintergrund der Unfruchtbarkeit, zu analysieren. Des Weiteren erkennt man, dass die untersuchten Patientengruppen oft sehr heterogen sind, das heißt, es wurden Patienten mit unterschiedlicher Anamnese zusammengefasst, verschiedene Stimulationsprotokolle eingesetzt (Short/Long Protocol, Antagonist) und unterschiedliche Arten des Embryo-Transfers angewandt (Transfer am Tag 3 der Embryonalentwicklung, Blastozysten-Transfer am Tag 5 der Embryonalentwicklung, Transfer nach Kryokonservierung, autologe Zyklen und Eizellspenden).

Werden diese „Confounding Parameters“ unzureichend in die Studie eingerechnet, ist die Gefahr groß, dass die Ergebnisse unbewusst verfälscht werden.

Keine Steigerung der Implantationsraten durch zusätzliche Applikation von hCG

Da der theoretische Hintergrund zur Rolle des embryonalen hCGs gut hinterlegt, jedoch die klinische Datenlage unzureichend ist, haben wir in Pilsen (CZ) eine groß angelegte Studie mit 1339 Patientinnen (inkl. Kontrollgruppe) durchgeführt, um einen möglichen Nutzen einer intrauterinen hCG Gabe zu untersuchen. Es wurde mit strengen Inklusionskriterien eine sehr homogene Patientengruppe ausgewählt, um die oben beschriebenen „Confounding Parameters“ gering zu halten.

Das Resultat: Eine zusätzliche Applikation von hCG vor dem Embryo Transfer brachte keine Steigerung der Implantationsraten. Dies wurde in einer Subgruppenanalyse für morphologisch sehr gute, wie auch für Embryonen mit reduzierter Qualität bestätigt. Eine weitere Subanalyse konnte zeigen, dass dies sowohl für ältere als auch für jüngere Kinderwunschpatientinnen gilt. Der komplexe Vorgang der Einnistung scheint durch die Zugabe eines einzelnen Moleküls nicht beinflussbar zu sein. Weitere Studien, welche die vielschichtigen Vorgänge in einer umfassenderen Weise behandeln, werden notwendig sein, um Patienten mit Einnistungsproblemen zu helfen.

Diese Ergebnisse wurden kürzlich im renommierten Fachmagazin RB&E veröffentlicht (s. Links), und waren Gegenstand einer Präsentation auf dem diesjährigen Kongress der europäischen Reproduktionsmedizin (ESHRE) in Lissabon.

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ESHRE 2015, Lissabon | Dr. rer. nat. Barbara Wirleitner, IVF Zentren Prof. Zech – Bregenz
Wissenschaftliche Ansätze weiterentwickeln

Gerade bei wissenschaftlich publizierten Studien ist es wichtig, die enthaltenen Forschungsergebnisse kritisch zu betrachten. Viele Therapien die eine positive Beeinflussung des Implantationsprozesses suggerieren, beruhen meist nicht auf evidenzbasierten Behandlungen, da die wissenschaftliche Datenlage hierfür oft (noch) unzureichend ist.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für den Erfolg einer Kinderwunschbehandlung möglichst viele Ansätze in Betracht gezogen werden sollten. Gemeinsam mit der internationalen wissenschaftlichen Community gilt es, diese Ansätze weiterzuentwickeln und entsprechende Datenlagen zu schaffen ob ein Therapieansatz gerechtfertigt ist oder nicht. Das Ziel ist, Kinderwunschpaare auf Grundlage von wissenschaftlich legitimierten- und medizinisch fortschrittlichen Verfahren zu beraten und behandeln.


Links:
» Intrauterine administration of human chorionic gonadotropin does not improve pregnancy and life birth rates independently of blastocyst quality: a randomised prospective study

(Publikation | http://download.springer.com)

» Warum sich ein Embryo nicht einnistet – Mögliche Ursachen und Therapien

(Themen-Special | http://www.kinderwunsch-blog.com)

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